Ist beim Online-Verkauf von Alkohol eine Altersprüfung erforderlich?

Das Landgericht Bochum bejahte diese Frage mit Urteil vom 23. Januar 2019 zum Aktenzeichen 13 O 1/19.

Betreiber von Online-Shops, die alkoholische Getränke anbieten, seien verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass derartige Waren nicht an minderjährige Personen im Sinne des § 9 Abs. 1 Jugendschutzgesetzes (JuSchG) abgegeben werden.

Die Antragstellerin hatte bei der Antragsgegnerin einen Testkauf von alkoholischen Getränken vorgenommen und im Online-Shop sowohl eine falsche Altersangabe als auch eine falsche Wohnanschrift angegeben. Der bestellte Alkohol wurde per Paket mit Standardversand ohne Überprüfung der Altersangabe ausgeliefert.

Einen Unterlassungsanspruch aus Wettbewerbsrecht hat das Gericht angenommen, da es sich bei § 9 JuSchG um eine Marktverhaltensregel handele.

Warum ist das Urteil interessant?

Die aktuelle Entscheidung bringt einigen Schwung in den Online-Handel mit Alkohol.

Das Landgericht Koblenz (Beschl. v. 13.08.2007, 4 HKO 120/07) hatte noch im Jahr 2007 die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 JuSchG auf den Online-Versandhandel bei der Bestellung von Tabakwaren verneint, da eine Bestellung über das Internet nicht den jugendschutzrechtlichen Beschränkungen unterläge. Ob im Angesicht des mittlerweile erhöhten Verbraucherschutzes heutzutage das Gericht eine vergleichbare Entscheidung träfe, kann bezweifelt werden – wie auch das Urteil des Landgerichts Bochum zeigt:

Die Unsicherheit für die Online-Händler liegt darin, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift unklar ist, ob sie auch beim Online-Handel Anwendung findet oder ob sie nur für den Offline-Bereich gilt. Grund ist der in der Norm des § 9 JuSchG verwendete Begriff der „Öffentlichkeit“ und nicht die explizite Nennung des Online-Geschäfts.

Das Landgericht Bochum bejaht dies und vertritt die Auffassung, es sei nicht ausreichend, dass die Beklagte auf ihrer Website bloß darauf hinweise, ihre Ware lediglich an volljährige Personen versenden zu wollen, ohne jedoch tatsächlich eine Altersverifikation durchzuführen. Entscheidend sei, dass der Minderjährige die tatsächliche Gewalt über die Substanz erhalte, also durch Versand nach Bestellung im Internet. Somit handle es sich beim Internet um einen virtuellen „öffentlichen Raum“, der einer Mehrzahl von Personen zugänglich sei.

Das Gericht argumentiert dazu:

"Die gegenteilige Auffassung wäre mit der Intention des Jugendschutzgesetzes, Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Alkohols zu schützen, nicht in Einklang zu bringen. Es wäre absurd, wenn an die Internetwerbung für Alkohol (...) strengere Anforderungen gestellt würden, als bei der Abgabe von Alkohol selbst (...).“

Ferner verursache der Einsatz von Altersverifikationssystemen erhebliche Kosten, die jedoch das Unternehmen, das sich nicht an die Verpflichtung halte, einspare. Es erlange somit einen wirtschaftlichen Vorteil im Gegensatz zu umsichtigen Wettbewerbern. Darin läge ein unzulässiger Wettbewerbsvorteil.

Was sollten Online-Händler bei ihrem Angebot beachten?

Zur Vermeidung von Inanspruchnahmen sollten Online-Händler ein geeignetes System zum Schutz der Jugend entwickeln und umsetzen. Wir raten,

  1. auf der Website einen Hinweis zu erteilen, dass die Abgabe von alkoholischen Getränken nur an Personen mit über 16 bzw. 18 Jahren erfolgt,
  2. zwingend das Alter während des Bestellablaufs abzufragen (beispielsweise durch Einforderung von Ausweiskopien, Checkboxen im Bestellablauf, SCHUFA-IdentitätsCheck Jugendschutz) und zudem
  3. unbedingt Kontrollmaßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Alkohol auch tatsächlich nicht an Minderjährige geliefert wird. Eine sichere Maßnahme wäre eine Identitäts- und Altersprüfung durch die Post oder einen anderen Paketdienstleister. Die Dienstleister unterbreiten hierzu einige Angebote (wie der Ident-Check der DHL).


Wenn Sie zu dem Thema Fragen haben, melde Sie sich gerne bei uns.